Die Landestierärztekammer Hessen hat auf ihrer Delegiertenversammlung am 14.11.2001 in Wetzlar folgende Resolution verabschiedet: Resolution der Landestierärztekammer Hessen zur Haltung von Nutztieren, insbesondere Puten, Mastkaninchen und Pelztieren Mit der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 25.10.2001 hat die Bundesregierung grundlegende Bestimmungen zur Haltung von landwirtschaftlichen und anderen Nutztieren erlassen. Insbesondere zur Haltung von Kälbern - und seit der Entscheidung des Bundesrates vom 19.10.2001 auch zur Haltung von Legehennen - existieren verbindliche Maßgaben, die auch die Bedürfnisse der Tiere berücksichtigen. Für andere Tierarten fehlen solche gesetzlichen Vorgaben bislang, z.T. existieren Leitlinien (Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten), Empfehlungen (Stellungnahme und Empfehlungen "Artgemäße und verhaltensgerechte Geflügelmast") oder freiwillige Vereinbarungen (z.B. zur Haltung von Jungmasthühnern und Mastputen), die jedoch teilweise ungenügend sind und deren Einhaltung außerdem nicht zwingend ist. Die Landestierärztekammer Hessen fordert daher die Bundesregierung auf, auch für die Haltung anderer Tierarten zur Erzeugung von Lebensmitteln oder anderen tierischen Produkten oder zu sonstigen landwirtschaftlichen Zwecken rechtsverbindliche Regelungen zu erlassen, die den Tieren ermöglichen, ihre arteigenen Bedürfnisse auszuleben. Besondere Dringlichkeit sieht die Landestierärztekammer Hessen bei folgenden Tierarten:
  1. Puten
    Die Zahl der in Deutschland gehaltenen Puten betrug im Jahr 1999 8,3 Millionen (Tierschutzbericht der Bundesregierung 2001) und liegt für 2001 vermutlich deutlich höher, da durch BSE und MKS der Verzehr von Geflügelfleisch gestiegen ist. Die intensiven Haltungsbedingungen und das derzeitig vorhandene Zuchtmaterial führen oft zu Atemwegserkrankungen, Kannibalismus, Erkrankungen des Skelettsystems und des Herz-Kreislauf-Systems sowie zu Brustblasenveränderungen. Häufig müssen deshalb therapeutische Maßnahmen ergriffen werden. Um die gesundheitlichen Probleme bei der Putenmast zu lösen und eine artgerechte Putenhaltung zu ermöglichen, ist es auch erforderlich, die Zuchtziele z.B. hinsichtlich stabiler Skelette und reduziertem Wachstum der Brustmuskulatur zu ändern. Bindende Vorgaben zur Haltung, die z.B. den entsprechenden Platzbedarf, erhöhte Sitzmöglichkeiten und einen Außenbereich mit Sandbad beinhalten, sind jedoch ebenfalls dringend notwendig.

  2. Mastkaninchen
    Aus der Menge des jährlich verzehrten Kaninchenfleisches lässt sich die ungefähre Zahl der Tiere berechnen, die pro Jahr in Deutschland gemästet und geschlachtet werden. Es handelt sich im Durchschnitt um etwa 22 Millionen Tiere. Diese Kaninchen werden überwiegend von privaten Haltern, doch zum Teil auch in spezialisierten, kommerziellen Kaninchenmastbetrieben erzeugt. Die Tiere werden meist in Holzställen oder Käfigen und oft ohne Einstreu gehalten. Verletzungen der Pfoten und durch den Bewegungsmangel verursachte Verkrümmungen der Wirbelsäule treten häufig auf. Durch die beengte, reizarme Haltung kommt es zu Kannibalismus und Selbstverstümmelung. Bis zu 50% der Masttiere sterben aufgrund der schlechten Haltungsbedingungen und an Infektionskrankheiten. Für die Haltung von Mastkaninchen gibt es lediglich völlig unzureichende Empfehlungen der "World Rabbit Science Association". Im Hinblick auf die hohe Zahl von Tieren, die Jahr für Jahr unter den beschriebenen ungenügenden Bedingungen gehalten wird, sind rechtsverbindliche Maßgaben zur artgerechten Haltung besonders erforderlich.

  3. Pelztiere
    Nach dem Tierschutzbericht der Bundesregierung 2001 gibt es in Deutschland etwa 30 Nerzfarmen, eine Fuchshaltung und eine unbekannte Anzahl von Chinchilla-Zuchten. Die Haltung findet in Käfigen statt. Der Bundesrat hat sich am 09.11.2001 in einer Entschließung für eine artgerechte Pelztierhaltung ausgesprochen und festgestellt, dass die Haltung von Pelztieren in Käfigen aufgrund des geringen Domestizierungsgrades dieser Tiere als grundsätzlich problematisch anzusehen sei. Die Landestierärztekammer Hessen schließt sich dieser Meinung an. Sie hält die Haltung von ansonsten wild lebenden Tieren zur Erzeugung von Pelzprodukten für nicht notwendig und daher für verzichtbar. Da ein Verbot der Pelztierhaltung politisch zur Zeit nicht durchsetzbar ist, sollten die gesetzlichen Vorgaben zur Haltung von Pelztieren so gestaltet werden, dass eine artgemäße Haltung wenigstens annähernd möglich ist. Das bedeutet die Haltung der Tiere in strukturierten Gehegen.